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Thermodynamik und Relativitätstheorie: Kein Problem mehr!

Die Physiker J. Dunkel, P. Hänggi und S. Hilbert beantworten in Nature Physics eine seit über 100 Jahren offene Kernfrage der modernen Physik.




Abbildung unten: Durch die fotografische Bestimmung theromodynamischer Größen mit Hilfe von Lichtkegeln ... [Bildquelle: Universität Augsburg]
Fotografische Bestimmung theromodynamischer Größen

Die klassische Thermodynamik hat sich zu einem Eckpfeiler der theoretischen Physik entwickelt, sie trägt entscheidend zum Verständnis komplexer natürlicher Vorgänge bei. Bereits Einstein war davon überzeugt, dass diese Theorie wohl die einzige bleiben werde, die nicht durch neue Einsichten im 20. Jahrhundert abgeändert werden müsse. Eine konsistente Einbettung thermodynamischer Konzepte in die Einsteinsche Relativitätstheorie ist seither jedoch nicht gelungen, sie wurde seit über 100 Jahren immer wieder kontrovers diskutiert.

In der unten genannten Ausgabe der renommierten Zeitschrift "Nature Physics" berichten Dr. Jörn Dunkel (Oxford), sein Augsburger Doktorvater Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Peter Hänggi und Dr. Stefan Hilbert (Universität Bonn) vom Erfolg ihrer Anstrengungen, dieses zentrale offene Problem der Physik endlich einer Lösung zuzuführen.

Das grundsätzliche Ziel der Thermodynamik besteht darin, ausgedehnte physikalische Systeme mittels weniger globaler Kenngrößen wie Energie, Volumen oder Temperatur zu beschreiben. Solch eine Charakterisierung erweist sich in der Relativitätstheorie freilich als problematisch. Denn in ihr verlieren beispielsweise Aussagen wie "die Energie oder die Länge eines Körpers zum Zeitpunkt t" an Eindeutigkeit. Denn in Einsteins Relativitätstheorie hängt der Zeitbegriff vom Bewegungszustand des Beobachters ab.

Zur Lösung dieses konzeptionellen Problems gelangen Dunkel, Hänggi und Hilbert, indem sie die thermodynamischen Größen "fotografisch", d. h. mit Hilfe von sogenannten Lichtkegeln (siehe Bild), bestimmen. Der Lichtkegel entspricht den Ereignissen die prinzipiell auf einem Foto abgebildet werden können, wobei wegen der endlichen Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts weiter entfernte Objekte früher auf dem Foto erscheinen als näherliegende Objekte.

Im Gegensatz zu traditionellen Formulierungen der relativistischen Thermodynamik, die üblicherweise auf dem Begriff der Gleichzeitigkeit aufbauen, lässt sich die von Dunkel, Hänggi und Hilbert vorgeschlagene "fotografische Thermodynamik" prinzipiell problemlos auch auf die Allgemeine Relativitätstheorie erweitern.

Zudem ergibt sich aus dieser neuen Theorie auch ein neuer Effekt: dass nämlich ein entfernter Beobachter bei naiver fotografischer Betrachtung proportional zu dessen Temperatur die endliche Fluchtgeschwindigkeit eines sehr heißen Objekts misst, obwohl sich das Objekt tatsächlich gar nicht von ihm wegbewegt. Dieser zumeist sehr kleine Effekt kann für zukünftige Präzisionsmessungen von Geschwindigkeiten weit entfernter und sehr heißer Galaxien von Bedeutung sein. Man könne diesen thermodynamisch-relativistischen Effekt etwa mit der kleinen Ablenkung von Lichtstrahlen durch Massen in der Einsteinschen Allgemeinen Relativitätstheorie vergleichen, erläutert Hänggi. Obwohl er üblicherweise sehr gering sei, spiele dieser Effekt eine zentrale Rolle bei der Bestimmung kosmologischer Modelle.

"Die Einbeziehung der Gesetze der Quantenmechanik in eine schlüssig zusammenhängende Trias zusammen mit der Relativitätstheorie und der Thermodynamik", sagt Hänggi, "bleibt freilich noch ein Thema für die Zukunft."


Zusatzinformationen:

Jörn Dunkel, Peter Hänggi, Stefan Hilbert:
Non-local observables and lightcone-averaging in relativistic thermodynamics.
In: Nature Physics; veröffentlicht am 20. September 2009, DOI 10.1038/nphys1395

Quelle: Universität Augsburg

 


Aktualisiert am 26.09.2009.



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